Copy Art

Eine sehr kurze Geschichte der Fotokopie

Fotokopierer sind erst seit zwei Jahrzehnten überall öffentlich verfügbar, die Technik der Fotokopie wurde jedoch schon parallel zur Fotografie erfunden. Die ersten bekannten Fotokopien realisierte Johann Heinrich Schulze im Jahre 1727 bei Nürnberg mit lichtempfindlichem Silbersalz, das auch heute noch in der konventionellen Fotografie seine Anwendung findet. Joseph Nicéphore konnte 1822 erfolgreich einen Stich mit dem Porträt des Papstes Pius VII auf eine mit Asphaltlack beschichtete Glasplatte fotokopieren. Mit Mandé Daguerre und seiner "Daguerreotypie", die am 19. August 1839 in der "Akademie der Wissenschaften und der schönen Künste" vorgeführt wurde, begann der Siegeszug der Fotografie. William Henry Fox Talbot patentierte 1843 einen Vergrößerungsapparat, der die zweifache Vergrößerung (200%) eines Papiernegativs erlaubte. Albrecht Breyer experimentierte ab 1839 mit der Reflektografie, einem Kontaktkopierverfahren, bei dem die Vorlage von der Rückseite durchleuchtet wurde und ein seitenverkehrtes Negativ entstand. Auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 wurde der erste Fotokopierer mit Münzeinwurf aufgestellt, der Bilder auf Taschentücher kopieren konnte. 1906 wurde von René Graffin der erste automatische Fotokopierer entwickelt. 1910 brachte die Firma Photostat in Frankreich die ersten automatischen Fotokopierer heraus. In den dreißiger Jahren wurden Kopierboxen angeboten, die vorallem in Bibliotheken zum Einsatz kamen. Die modernen Kopiertechniken basieren jedoch nicht auf fotografischen, sondern auf elektrostatischen Verfahren. Die wichtigsten Erfindungen dazu kamen von Marcel Demeulenaere, Edith Weyde, Chester F. Carlson (dessen erste öffentliche Xerographie entstand am 22. Oktober 1938 im Hotel Astoria) und Carl Miller. Der erste Bürokopierer (Deutschland, 1949) nutzte das Diffusionsprinzip. 1955 brachte die Firma 3M das erste Thermofaxkopiergerät auf den Markt. Den endgültigen Durchbruch für die Fotokopie erzielte schließlich die Firma Xerox mit dem ersten automatischen Fotokopierer mit dem Namen "914" im Jahre 1960. Zwei Jahre später präsentierte Fuji Xerox den ersten Elektrokopierer in Japan. 1968 folgte der erste Farbkopierer von 3M, 1969 der erste Verkleinerungskopierer von Xerox. 1976 präsentierte Xerox den Prototyp des Farbkopierers NP-Color für Formate bis DIN A3. 1980 kam von Minolta der erste Bürokopierer mit Vergrößerung und Verkleinerung auf den Markt und wurde1984 vom EP 450 Z, dem ersten Zoomkopierer für das Büro, noch übertroffen. 1985 kam schließlich von Toshiba der erste Digital-Vierfarbkopierer auf den Markt. Der Océ 2500 schaffte 1989 100 Kopien pro Minute, der Xerox 5090 ein Jahr später schon 135 Kopien pro Minute. Ab 1992, wo die ersten Schnittstellen von Kopierern zu PC und Mac vorgestellt wurden, begannen Drucker, Kopierer und Faxgeräte immer mehr zu einer Maschine zusammenzuwachsen.

Techniken der "Copy Art"

1. Realkopie

Bei der Realkopie werden Objekte auf die Glasscheibe des Kopierers gelegt und kopiert. Die begrenzte Tiefenschärfe der Kopierer (meist nur wenige Zentimeter) verleiht den Realkopien ihre charakteristische Plastizität.

2. Copy Motion

Kopierer oder Flachbettscanner erzeugen Kopien entlang einer Zeitachse, die durch die Bewegung der Lampen-Spiegel-Einheit definiert ist. Im Unterschied zur Belichtungszeit in der konventionellen Fotografie hat man es bei einer Fotokopie mit einer kontinuierlichen Abfolge von Momenten zu tun. Durch ein schnelles Wechseln verschiedener Vorlagen während der Abtastung können diese miteinander gemischt werden. Ferner können Objekte während des Kopierens bewegt werden, wodurch sich Stauchungen, Dehnungen und andere Effekte ergeben. Copy Motion ist gewissermaßen ein Verfahren zur Aufzeichnungen zeitgebundener Veränderungen.

3. Copy Generation

Bei der Copy Generation werden Kopien als Vorlagen für weitere Kopien verwendet. Zugleich mit der Verhärtung der Bilder nach einigen Generationen erscheint - hervorgerufen durch die optische Rückkopplung - in den Bildern eine charakteristische Copystruktur. Diese Strukturen sind Fraktale, also selbstähnelnde Gebilde, die sich im kleinen selbst immer wieder enthalten.

4. Overlay (Copy on Copy)

Beim Overlay wird an Stelle von weißem Papier eine Kopie in den Kopierer geführt und mehrmals auf diese Kopie kopiert. Wie beim Druck können mehrere Bildschichten hintereinander auf ein einziges Blatt übertragen werden, wobei auch verschiedene Tonerfarben verwendet werden können.

(Zusammengefaßt aus dem Buch "Copy Art" von Klaus Urbons, DuMont Buchverlag, Köln 1991)

"Copy Art" im Internet

Homepage von Klaus Urbons:
http://www.urbons.de

Artikel in "Wired": Art, no waiting:
http://www.wired.com/wired/archive/2.08/copy.art.html

A Short Bibliography of Copy Art:
http://www.parc.xerox.com/csl/members/bern/copyartbib.html

Copy Art Bibliography:
http://www-mitpress.mit.edu/e-journals/
Leonardo/isast/spec.projects/electrobib.html

Copy Art Seite von Xerox Parc, California:
http://www.parc.xerox.com/csl/members/bern/copyart.html

Electronic Museum of Mail Art:
http://www.actlab.utexas.edu/emma/