Anschlag auf die (filmische) Ordnung der Bilder

"Durch die Bewegung im Raum kommt es zu jeweils wechselnden Positionen der Objekte eines Ensembles. Durch die Relation hingegen transformiert sich das Ganze oder verändert seine Qualität. Von Dauer selber oder von der Zeit könnten wir sagen: Sie ist das Ganze der Relationen."
(Gilles Deleuze, "Das Bewegungsbild")


Film hat ursächlich mit dem Bezug zwischen Zeit und Raum zu tun und lässt sich als lineares Ordnungssystem verstehen, welches einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte räumliche oder bildhafte Konfiguration zuweist. Im Alltag wird Zeit meist als eine lineare Dimension mit einer eindeutigen Ausdehnung verstanden. In unserer Vorstellung decken sich diese Erfahrungen der Wirklichkeit mit dem filmischen Zeitband. Der Filmstreifen hat einen Anfang und ein Ende, die Richtung wird durch den Durchlauf durch den Projektor festgelegt, und aus der metrischen Länge des Trägers und der späteren Durchlaufgeschwindigkeit errechnet sich die relative Bewegungsdauer. Das, was wir als Zeit wahrnehmen, ist für den Film gesprochen also eine räumliche Ausdehnung in eine definierte Richtung.

Mit tx-transform können Gegenstände im Film nicht mehr als Abbild eines konkreten Vorhandenseins definiert werden, sondern als Zuständlichkeit in der Zeit. Die digitale Umsetzung des Verfahrens ändert dabei nichts an der speziellen Affinität zum Film als grundlegendes Ordnungs- und Wahrnehmungsmodell von Bewegung.

Mit seinen gewachsenen physikalischen, physiologischen und chemischen Grundkonstanten ist der Film ein historisch und technisch überschaubareres Medium, das sich seit Jahrzehnten nur unwesentlich verändert hat. Ein Teil der Arbeit Martin Reinharts besteht darin, etablierte Normen zu hinterfragen, sie zu den Wurzeln ihrer Entstehung zu verfolgen, und in einem neuen Sinne zu manipulieren. Es geht dabei nicht nur um eine Archäologie der besessenen Erfinder und Künstler, deren Entwicklungen versandet und heute vergessen sind, sondern auch um das Ausloten und Finden visueller Phänomene, die unsere Wahrnehmung als dehn- und veränderbare Matrix verstehen und das ungeheure Potential abseits der standardisierten Darstellungsverfahren ahnen lassen.